10. Mai 2019

Per Nachnahme

Der Poststempel besagt es: Der Brief der Staatskanzlei des Kantons Luzern wurde am 15. April 25 (also 1925) aufgegeben, frankiert mit 35 Rappen. Diese 35 Rappen musste mein Grossvater bezahlen, zusammen mit der Nachnahmegebühr von Fr. 4.40.- Was der Brief enthielt, ist auch klar, steht doch unter dem Absender das Wort „Wirtepatent“.  Das immer noch im Umschlag enthaltene Dokument ist ein Auszug aus dem Verhandlungs-Protokolle des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 4. April 1925. Es erkennt meinem Grossvater die Ausübung des Realwirtsrechtes zu und bewilligt sie „daselbst“. Derselbe (also mein Grossvater) habe ein einmalige Kanzleigebühr von Fr. 130 .- an die Staatskasse zu bezahlen und nebstdem die jährliche Erwerbssteuer nach §36 des Wirtsgesetzes zu entrichten. Für getreuen Auszug unterschrieb der Staatsschreiber, leider unleserlich. Das ebenfalls im Umschlag liegende Leumunds-Zeugnis vom 5. März 1925 bestätigt, dass mein Grossvater „in bürgerlichen Rechten und Ehren steht und einen guten Leumund geniesst“. Als Ergänzung auf dem vorgedruckten Dokument steht ein Satz, auf einer Schreibmaschine getippt: „Es ist uns in keiner Weise etwas Nachteiliges über denselben bekannt geworden.“ 

Bei seiner Eheschliessung war mein Grossvater 36 Jahre alt gewesen, die Grossmuter sieben Jahre jünger. 18 Jahre später erlangte er das Wirtepatent, da war er 54 Jahre alt, sie folglich 47. Die Beiden waren in diesen 18 Jahren sechs Mal Eltern geworden, vier ihrer Kinder waren zeitlebens ledig geblieben. Mehr ist nicht bekannt aus dieser Zeit, sie seien ein paarmal umgezogen, erzählte mir mein Vater stets nur, als ich ihn gefragt hatte, mehr war nicht aus ihm herauszukriegen gewesen. Der Grossvater wurde 79 Jahre alt, die Grossmutter 71, und irgendwie habe ich das Gefühl, noch etwas liefern zu müssen. Per Nachnahme. Und eingeschrieben.

2 Kommentare

  • Claude Sommer sagt:

    Gerne würde man in einem Foklgetext erfahren, wo das Gasthaus denn stand und ob es noch steht, auch ob hier immer noch gewirtet wird. 1925 waren Männer im Alter von 54 schon recht alt. Da hat also einer in höherem Alter noch eine neue Beschäftigung aufgenommen. War er vorher Landwirt, Ladenbesitzer, Handwerker. Stoff für weitere Beiträge. Vielleicht finden sich noch Fotografien vom Gasthaus, von den Gästen?

    • Theres Roth-Hunkeler sagt:

      Lieber Claude, ich tappe im Dunkeln darüber, was mein Grossvater vor der Gasthausübernahme arbeitete. Bin am recherchieren. Fortsetzung folgt. Das Gasthaus gibt es leider nicht mehr.

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