1. Januar 2023

Es werde Licht

Neujahrshimmel

Mein Blog erwacht wieder. Er hat den ganzen Sommer, den ganzen Herbst und den Beginn des Winters über geschlafen. Das hat seinen Grund. Ein anderer, ein langer Text, an dem ich schon lange verdeckt gearbeitet hatte, drängte in den Vordergrund. In genau einer Woche tritt besagter langer Text nun seine Reise an. Vielleicht wird ein Buch daraus. Das entscheiden Verlegerin und Lektorin. Der Text und ich befinden uns ab dem achten Januar gemeinsam im Schwebezustand. Für den Fall, dass wir tatsächlich abheben, überlege ich mir die ganze Zeit, wie das Kind denn heissen soll. Ich habe eine Liste mit genau hundert Namen beziehungsweise Titeln. Aber Buchtitel kommen stets zuletzt. Zuerst kommt alles andere, und es wird, wenn überhaupt, noch ein weiter Weg. Dennoch, hier schon mal eine Namensauswahl. Alte Hasen. Liebe, lange Tage. Alles halb so wild. Was wir uns nicht erzählen. Ganz bei Trost. Wir geben Bescheid. Zum guten Glück. Frauenzimmer. Jahre als Maus. Blindflüge. Guter Fang. Wie gesagt, keine Ahnung, was aus Text und Titeln werden wird. Nun brauche ich eine Zwischenarbeit. Den Ausdruck prägte Schwester Adelheid damals im Handarbeitsunterricht, der ausschliesslich für Mädchen war! Gemeint damit war die Beschäftigung mit dem ‚Flicksocken‘ in der Zeit zwischen einem fertig gestellten Näh, Strick- oder Stickstück und dem Beginn von etwas Neuem. Meine neue Zwischenarbeit wird mich jeden Tag beschäftigen. Ich möchte an jedem einzelnen Morgen den Tagesanfang sehen. Möchte verfolgen, wie der Tag sich vorschiebt, möchte an jedem einzelnen Tag das Spiel des Lichts sehen. Nicht spektakulär, ich weiss, aber ein solides Vorhaben. Und jede Woche ein kleiner Zwischenbericht über Dinge, die dabei ans Licht kommen. Oder eben nicht.

3 Kommentare

  • Barbara sagt:

    Liebe Theres, vor zwei, drei Wochen habe ich nachgeschaut, ob du wirklich keinen Blogeintrag mehr verfasst hast oder ob meine Email-Adresse versehentlich aus der Liste gefallen ist. Ist sie zum Glück nicht. Es freut mich, dass du den Blog heute geweckt hast.
    Mein «Flicksocken» ist das rosa Schreibheft, das im vergangenen Halbjahr am Morgen zu selten auf meinen Beinen lag, um (fast) alles aufzunehmen; Gedankenkapriolen, die mehr, weniger oder gar keinen Sinn ergeben, lästige Gefühle, Gelesenes, ein Wort, wie zum Beispiel «Wurstigkeit» … Heute fange ich wieder damit an. Ich war «brav» in den letzten Monaten. Ja, häufig tauchen in diesem Morgenschreiben Wörter und Sätze auf, die etwas aufzeigen, das mir gar nicht gefällt. Ich habe «brav» einen Text umgearbeitet, ausgearbeitet, ergänzt, vertieft, eine Geschichte, die eine Figur erzählt, die sich windet, die nicht gehorchen will, die eine Zeit der Widerspenstigkeit erlebt, die auf- und ausbricht. Gehorsam am Ungehorsam arbeiten ist anstrengend. Die Synonyme für ungehorsam im Wörterbuch sind mir zu negativ: kratzbürstig, unmanierlich, aufmüpfig, aufsässig, halsstarrig. In «ungehorsam» nehme ich eine Freiheit, Lebendigkeit, die Lust am Wagnis, wahr – deine Schwester Adelheid schüttelt den Kopf. Elena Ferrante fällt mir ein, die einmal schrieb: «Mir geht es um das Gewöhnliche oder, besser gesagt, um das, was wir zu unserer Beruhigung in eine ordentliche Uniform gezwängt haben … Fiktionen zu erschaffen, die helfen, das menschliche Dasein ohne allzu viele Filter anzuschauen.» So mag ich das Morgenschreiben, wenn es vom einen zum anderen fliesst.
    Unsere Texte werden gleichzeitig schweben, liebe Theres, und vielleicht zwischen zwei Buchdeckeln ankommen. Mit einem Titel, der beim Betrachten vom Morgenhimmel aufscheint, mit Licht geschrieben, am Morgen auf einer leeren Seite, während einem Spaziergang mit dem Hund oder ganz woanders. Wir wissen es nicht.

  • Michael Giuggenheimer sagt:

    Ein Blog ist weder Tages- noch Wochenzeitung. Auch keine Monatszeitschrift. Die Beiträge erscheinen dann, wenn die Zeit für sie gekommen ist. Manchmal stehen andere Themen und Beschäftigungen im Vordergrund. Und dann ist wieder Zeit für einen neuen Beitrag. Ich kenne das gut von meinem Blog filmeinwurf.ch. Dort geht es um Fotografinnen und Fotografen sowie um Fotografie generell, eher erzählerisch. Dazwischen kommen Reisen, Lektüren, Theateraufführungen, Filme. Und plötzlich ist wieder die Zeit für einen Beitrag gekommen, fällt mir ein Thema ein, beschäftige ich mich mit dem Werk einer Fotografin und entsteht ein Text.

    • a.u. sagt:

      … hab ich bei all den so klugen Worten dieser Beiträge (mir zT
      fast etwas schwierig zu kapieren…) dann versehentlich im letzten gelesen: „und plötzlich ist wieder die Zeit für einen Bettag gekommen“ –

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Blog via Email abonnieren

Gib deine E-Mail-Adresse an, um diesen Blog zu abonnieren und Benachrichtigungen über neue Beiträge via E-Mail zu erhalten.

Loading

Deine Daten werden ausschliesslich für den Newsletter verwendet. Mehr dazu findest du in der Datenschutzerklärung.