19. April 2019
„Das Leben lohnt nur, weil wir hoffen, dass es besser wird und wir alle gut heimkommen“.
Deborah Levy, „Was das Leben kostet“, Hoffmann und Campe 2019
Der Traum vom anderen Leben bleibt in diesem Buch kein Traum. Die Ich-Erzählerin lässt Mann und Ehe und Haus hinter sich, zieht mit ihren beiden Töchtern nach London und beginnt ihr Leben nochmals neu. Was das heisst, frei zu sein, als Schriftstellerin, als Frau, als Mutter und dabei immer wieder zu erfahren, was das Leben kostet, davon erzählt die sechzigjährige Autorin auf knappen 154 Seiten in diesem Buch. Welch wunderbare Dienste ihr ein E-Bike leisten, mit dem sie zu einem verkommenen Gartenhaus, ihrem unbeheizten Schreibort fährt, welche Stützen ihr Marguerite Duras, Simone de Beauvoir, Camus, Wittgenstein und andere sind und wie Eis am Stil das Leben ihrer Mutter ein paar Tage verlängert und ihr das Sterben einfacher macht, das vernimmt, wer dieses grandiose Buch liest. Man kann der Autorin beim Schreiben zusehen, sie nimmt einem mit in ihre Sätze, die sich öffnen und Erinnerungen, Assoziationen, Traumfetzen und frühe Bilder freigeben und dabei doch ganz klar sind. Die Autorin führt uns unter Wasser, zu Momenten, in denen „das Leben auseinanderbricht“, führt uns durch Stürme und Chaos, aber auch zu schönen Essen in Gesellschaften am Küchentisch, zu Festen und witzigen Episoden. Ihre ungekünstelte Sprache ist es, die durch alle Stimmungslagen hindurch trägt, diese Stimme, die ohne Verrenkungen erzählt und mich jedenfalls ganz in Bann genommen hat.
„Richtig, kosten wird’s auch was, meint der Hanns. Umsonst ist der Tod – und der kost’s Leben.“
Ludwig Anzengruber: Das Märchen des Steinklopferhanns, 1880.