22. September 2025
Die Damen sind auf Tour

Ob es anderen Autor:innen auch so geht? Für mich sind die Tage nach einer Buchvernissage stets sonderbar. Nur vergesse ich das immer wieder, weil viel Zeit vergeht zwischen einer Vernissage und der nächsten. Ist also ein Buch ‘getauft’ – welch sonderbarer Ausdruck, hat doch jedes Buch lange vor dem Erscheinen seinen Namen bzw. seinen Titel bekommen – legt sich die Anspannung, langsam sinkt der Adrenalinspiegel. Die Befürchtung, dass niemand kommen würde, hat sich als falsch erwiesen, ebenso, dass mir auf Fragen der Moderatorin rein gar nichts einfallen oder meine Stimme beim Vorlesen plötzlich wegbrechen würde.
Buchvernissagen sind sonderbar. Viele Freund:innen, Bekannte, Leser:innen sind da, die, kaum ist die Lesung zu Ende, bereits feiern, aber du hast für niemanden Zeit, denn du musst ins Geschäft. Es ist toll, wenn du siehst, wie die Stapel deines eigenen Buches vor deinen Augen ein wenig kleiner werden. Unablässig schreibst du in deiner Krakelschrift deinen Namen in deinen neuen Roman, dazu gerne auf Wunsch ‘Für Klara zum Sechzigsten’ oder ‘für Tante Grit’, Grit mit Doppel-t, fragst du, nein, mit h. Und dann steht plötzlich eine sehr gute Freundin vor dir und streckt dir „Damentour“ entgegen und du hast ein absolutes Blackout und keine Idee, was du ihr, die dich voller Wärme anschaut, ins Buch schreiben könntest als Widmung. Jemand bringt dir ein Glas Weisswein, das du sofort wegstellst aus Angst vor deiner Schusseligkeit. Feuchte Bücher, die nach Weisswein riechen, lassen sich nicht mehr verkaufen. Irgendwann schraubst du deine Füllfeder zu und schaust dich um. Viele Gäste sind schon gegangen, das Apérobuffet ist fast leergeräumt, wird dann aber wie von Zauberhand nochmal aufgefüllt und dann wirst du geflutet von Erleichterung, Freude, Hunger und Müdigkeit und du fällst der Moderatorin, die den grössten Antel hat am Gelingen der ominösen Buchvernissage, um den Hals.
Schön wars, vorbei ist es. Nun touren ‘die Damen’, ich winke ihnen zu, hoffentlich touren sie, vor euren Augen, in euren Köpfen, euren Herzen. Denn ohne euch Lesende blieben die Damen im Buch papierene Statistinnen. Ihr als Lesende weckt sie auf und macht sie zu lebendigen Figuren, indem ihr mit ihnen stille Dialoge führt. Mich würde interessieren, ob ihr eine Lieblingsfigur, sozusagen eine ‘Herzensdame’ habt. Vielleicht schreibt ihr mir oder diskutiert mit mir über das Buch, zu zweit, in Gruppen, in Lesezirkeln, ich freue mich über Echos.
Nächste Lesungen aus „Damentour“ findet ihr hier: https://roth-hunkeler.ch/veranstaltungen/